Welchen Wolf fütterst du? – Vielleicht kennst du diese Legende schon:
Eines Abends erzählte ein alter Indianer seinem Enkel vom Kampf, der in jedem Menschen tobt:
„In unserem Herzen leben zwei Wölfe. Sie kämpfen oft miteinander. Der eine Wolf ist der Wolf der Dunkelheit, der Ängste, des Misstrauens und der Verzweiflung. Er kämpft mit Zorn, Neid, Eifersucht, Sorgen, Schmerz, Gier, Selbstmitleid, Überheblichkeit, Lügen und falschem Stolz.
Der andere Wolf ist der Wolf des Lichts, des Vertrauens, der Hoffnung, der Freude und der Liebe. Er kämpft mit Gelassenheit, Heiterkeit, Güte, Wohlwollen, Zuneigung, Großzügigkeit, Aufrichtigkeit, Mitgefühl und Zuversicht!“
Der kleine Indianer dachte einige Zeit über die Worte seines Großvaters nach und fragte ihn dann: „Und welcher Wolf gewinnt?“ Der alte Indianer antwortete: „Der, den du fütterst.“
Die Geschichte veranschaulicht schön, dass wir die Verantwortung und Macht in uns tragen, auf welche Weise wir durch’s Leben gehen möchten. Und klar will jeder von uns eher den zweiten Wolf mit den schönen Gefühlen füttern.
Die Realität ist aber oft, dass wir dem anderen Wolf der Dunkelheit ganz schön viel Nahrung geben. Es ist ja auch kein Wunder, wenn wir täglich damit konfrontiert werden in Nachrichten, Zeitungen, Getratsche und Lästern, Klagen und Machtkämpfen. Und dann kommen auch noch unsere eigenen Ängste und Sorgen hinzu.
Trotzdem – auch wenn es anstrengender ist – kann ich immer auch etwas finden, wo ich Hoffnung schöpfe, Freude und Liebe empfinde und mit Mitgefühl agiere.
Und anstatt ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn ich dem ersten Wolf gerade mal wieder etwas mehr zum Fressen hingeworfen habe als dem zweiten, akzeptiere ich, dass zwei Wölfe in mir wohnen. Das heißt, dass keiner von beiden gehen wird und jeder essen und gedeihen möchte, wie wir alle. Aber ich entscheide, wer das meiste und beste Essen und die Leckerli bekommt!
Ich muss weder mir selbst etwas vorwerfen noch mir von anderen die moralische Keule verpassen lassen, wenn ich den ersten Wolf gerade mal wieder gefüttert habe. Ich tendiere sogar dazu, die Begriffe „schlecht“ und „gut“ aufzuheben und stattdessen alles als Teile des Menschseins zu sehen.
Aber wir haben auch die Freiheit zu entscheiden bekommen.
Und es lohnt sich sehr, diese in Anspruch zu nehmen, denn damit gestalte ich die Gesellschaft mit.
Und ich behaupte mal, dass jeder lieber schöne Gefühle haben möchte und in einer Welt mit Vertrauen, Heiterkeit, Zuneigung und Großzügigkeit leben will.
Wer im Kreuzfeuer des ganz normalen Alltags steht, dem fällt das nicht gerade in den Schoß, der ist dann schon aufgefordert, sich bewusst danach auszurichten.
Ich mache das morgens in einer kurzen Meditation, bevor ich in den Tag und zur Arbeit gehe. Und im besten Falle hält es den Tag über an.
Oft genug füttere ich nach ein paar Stunden schon wieder den Sorgen-Wolf. Dann erinnere ich mich wieder daran, dass ich das Futter eigentlich für die Freude vorgesehen hatte. Den nächsten Happen bekommt sie dann. – So kann es gehen! 🙂