Ich denke, es ist Zeit, dass wir unsere Spiritualität grundsätzlich aus althergebrachten Mustern befreien und uns trauen dürfen neu zu denken und uns weiter zu entwickeln. Und dennoch sollten wir die Schätze der Traditionen ehren und für uns nutzen, wie es auch viele Menschen tun:
Manche zieht es neu zur Natur-Religion (lat. „re-ligo“ = rückverbinden), manche zum Buddhismus, andere zum Hinduismus oder Sufismus und wieder andere zum Christentum. Viele begeben sich auf den Weg des Yoga. Allen gemeinsam ist, dass sie spüren, dass es eine unsichtbare Quelle gibt, die sie nährt. Und sie möchten diese Quelle erforschen und ihr näher kommen, um sich von ihr erfrischen zu lassen. – Das ist meiner Ansicht nach das Allerwichtigste und Allergrößte, was wir tun können.
Wir werden so sehr beschenkt und fallen in ein immer tieferes Vertrauen ins Leben hinein. Gerade in der heutigen Zeit voller Krisen ist es so hilfreich für uns, uns immer wieder durch Gott zu erden und zur Ruhe zu kommen. Dann können wir alle Herausforderungen annehmen.
Institutionen, Traditionen, Spiritualität
Nun, ich weiß auch, dass für die meisten Menschen in Deutschland Christentum = Kirche bedeutet und sie dieser gerade in großer Zahl den Rücken kehren, weil sie zu Recht entsetzt von Missbrauchsfällen sind. Oder mit den Strukturen der Institution einfach nichts mehr anfangen können. Oder in ihrer Kindheit und Jugend schlechte Erfahrungen damit gemacht haben.
Dennoch denke ich, dass viele Menschen den Reichtum der christlichen Tradition schätzen und darin Halt finden oder finden würden. Da gibt es solch einen Schatz an Gedanken, Worten, Liedern, Mitgefühl und Trost, Wegen zu Gott, zur Quelle. – Jesus hatte in so vielen Bildern, Worten und Taten versucht, uns dies nahe zu bringen, was später für uns mit „Reich Gottes“ übersetzt wurde.
Jetzt, wo wir so viel über Spiritualität wissen, weil wir auch andere Traditionen erforschen, wir offener, selbstbestimmter und feinfühliger werden, und wo auch die Physik uns immer mehr an Unerklärlichem aufzeigt, sodass auch Albert Einstein einst feststellte:
Die wichtigste Erkenntnis meines Lebens ist die, dass wir in einem liebenden Universum leben.
Albert Einstein
Da ist es für mich zu einer Tatsache geworden, dass dieses liebende und intelligente Universum existiert und alle Kulturen auf ihre Art mit ihm in Kontakt getreten sind, weil wir uns als Teil davon fühlen. – Zu Recht, denn unsere Seelen stammen von Gott.
Es gibt so viele Begriffe für Gott und für Seele: Liebe und göttlicher Funke, All-eins-sein und Licht, Energie… Ich stelle mir vor, dass in jeder meiner Zellen ein Licht schimmert, das vom großen Licht abstammt. Und dieses Licht wird für immer sein.
Im Kontakt mit diesem Licht klinke ich mich direkt in den göttlichen Energiestrom ein. Ich kann meine Gedanken, Absichten und Bitten, meine Freude und meine inneren, leuchtenden Bilder und Visionen hineingeben. Und dadurch bin ich direkt im Strom der Schöpferkraft und kann zusammen mit Gott mein Leben gestalten.
Methoden
So, und hier haben die Kulturen und Traditionen viele, viele verschiedene Methoden entwickelt, um sich in diesen göttlichen Strom einzuklinken und den Kontakt herzustellen.
Der eine meditiert, der andere faltet die Hände und betet. Wo einer singt, liest der andere in einem heiligen Buch und der nächste macht Atemübungen. – Es gibt so viele Wege. Und das ist ein so großer Schatz für uns. Denn damit haben wir Werkzeuge, die wir anwenden können und dürfen, um aus unserer Lebensquelle zu schöpfen und erfüllter zu leben.
Ich will dich ermutigen, diese Schätze zu nutzen und dadurch Halt, Kraft und Trost zu erfahren.
Gleichzeitig möchte ich meinen Schatz der Musik mit dir teilen und habe dir ein Lied aus der christlichen Tradition gesungen, das mir besonders viel Kraft gibt: „Herr, du bist mein Leben“.
Falls du Probleme mit den Worten „Herr“ und „Vater“ haben solltest, dann setze einfach ein anderes Wort ein, wie zum Beispiel „Licht“.
Schau, was für eine Kraft in diesem Lied steckt:
Herr, du bist mein Leben, Herr, du bist mein Weg.
Du bist meine Wahrheit, die mich leben lässt.
Du rufst mich beim Namen, sprichst zu mir dein Wort.
Und ich gehe deinen Weg, du Herr gibst mir den Sinn.
Mit dir hab ich keine Angst, gibst du mir die Hand.
Und so bitt ich, bleib doch bei mir.
Jesus, unser Bruder, du bist unser Herr.
Ewig wie der Vater, doch auch Mensch wie wir.
Dein Weg führte durch den Tod, in ein neues Leben.
Mit dem Vater und den Deinen bleibst du nun vereint.
Einmal kommst du wieder, das sagt uns dein Wort,
um uns allen dein Reich zu geben.
Du bist meine Freiheit, du bist meine Kraft.
Du schenkst mir den Frieden, du schenkst mir den Mut.
Nichts in diesem Leben trennt mich mehr von dir,
weil ich weiß, dass deine Hand mich immer führen wird.
Du nimmst alle Schuld von mir und verwirfst mich nie,
lässt mich immer ganz neu beginnen.
Vater unsres Lebens, wir vertrauen dir.
Jesus, unser Retter, an dich glauben wir,
und du, Geist der Liebe, atme du in uns.
Schenke du die Einheit, die wir suchen auf der Welt.
Und auf deinen Wegen führe uns ans Ziel.
Mache uns zu Boten deiner Liebe.
Hier kannst du das Lied mit dem Originaltext anhören, und vielleicht magst du mit mir singen:
Text und Melodie: Pierangelo Sequeri „Tu sei la mia vita“ (Originaltitel: Symbolum `77) 1978
Übersetzung: Christoph Biskupek
Quelle: Gotteslob, Lied Nr. 456, Verlag Herder Freiburg
Alles Liebe wünscht dir
Helga
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