Etwas in mir weigert sich, gute Vorsätze für das neue Jahr zu fassen. Vielleicht bin ich mit meinen 48 Jahren doch schon zu alt um noch zu glauben, erreichte Ziele würden automatisch Glück bedeuten. Vielleicht habe ich auch einfach schon oft genug erfahren, dass Vieles dann doch anders kommt als geplant. „Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, mache Pläne“, hatte jemand Schlaues mal gesagt.
Und dann entsteht da natürlich immer dieser komische Druck in einem, wenn man echt gute Pläne ausarbeitet. – Jetzt wollen die ja auch noch erfüllt sein! Und ich fühle mich wie in einem Dampfkochtopf, was aufgrund der Hitze echt beflügeln kann, aber man muss halt auch dran denken, von Zeit zu Zeit den Dampf mal wieder raus zu lassen.
Oft genug war es auch schon so, dass das Leben es besser gewusst hatte, was für mich gut war und „dran“ war. Da hatte mir der beste Plan nichts genützt, wenn meine Seele, diese ominöse Instanz mit ihren himmlischen Organisatoren beschlossen hatte, nun bestimmte Erfahrungen zu machen oder heilen zu lassen.
Nein, ich habe keine Lust, Pläne zu machen. Ich genieße lieber das Piepsen der Vögel, das ich höre, wenn ich die Wohnung lüfte oder ein Fenster einen Spalt breit aufstelle.
Wenn die Sonne scheint, wächst das Piepsen sich aus in ein Jubilieren und Tirilieren; dann wird es auch mir ganz festlich um’s Herz und ich freue mich vage auf den Frühling. Nicht zu dolle, denn wer weiß, ob es nochmal schneit oder bei unter null Grad alles einfrieren wird.
An einem Tag wie heute, wo die grauen Wolken über den Himmel jagen und es zudem Sonntag ist, da bleibe ich lieber in der Wohnung und döse vor mich hin, lese immer wieder etwas, trinke einen Kaffee, knabbere die letzten Weihnachtskekse und kuschle mich in eine Decke ein. Ach, wie ist das schön!
Es gefällt mir, so behaglich und eingekuschelt in das neue Jahr zu starten. Ich finde, alles braucht doch eine gute Grundlage. Und wie ich mich hier auf dem Sofa so wohl mit mir fühle, wird’s mir ganz warm um’s Herz. Ich beginne zu tagträumen, ganz ohne Ziel, einfach so, wie es sich ergibt. Und da bekomme ich ein richtig gutes Gefühl für das neue Jahr.
Dazu gesellt sich nach einiger Zeit auch eine Lust, etwas von den Träumereien weiter zu recherchieren, weshalb ich den Rechner anwerfe und die Suchmaschine bediene. – Ach, was könnte ich dieses Jahr alles entdecken, neu starten oder ausbauen! Also, mir stehen im Grunde doch alle Türen offen, wenn ich es mir so recht überlege. Und mein Leben hat mich schon oft gelehrt, dass so Vieles möglich wird, wenn ich mich mit Freude und Geduld dafür einsetze.
Nun, ich werde noch ein bisschen weiter träumen. Vielleicht noch die kommende Woche. Denn irgendwie spüre ich in mir doch schon so ein Sehnen, das ich eine Richtung drängt. Da geht es mir wohl wie den Tulpen im Garten, die auch schon langsam ihre Spitzen aus dem Boden strecken.
Wenn der Frühling kommt, ist das Wachsen wieder dran. Vom Garten her weiß ich, dass da auch von Löwenzahn über Giersch bis Walderdbeeren und Gras alles aus dem Boden schießen wird, was Platz zum Wachsen bekommt. Weil ich aber auch Tulpen- und Krokuszwiebeln in den Boden gesteckt habe, werden auch diese wachsen und strahlend alles andere überragen.
Während ich also an diesem stillen Sonntag über solche Dinge sinniere, drängt sich in meinem Tagtraum doch schon das Eine und Andere in den Vordergrund, das gerne gepflanzt werden möchte. – Nun gut, darum werde ich mich die nächsten Tage kümmern, während ich weiterhin dem Zwitschern der Vögel lauschen und den Himmel betrachten werde, der jetzt von Tag zu Tag schon viel länger hell bleibt.
Frohes neues Jahr!