Ganz ehrlich: Als vor ein paar Wochen die Welt in die „Nach-Corona-Phase“ eintrat, fürchtete ich mich ein bisschen davor, dass nun wieder derselbe Stress los geht wie zuvor.
Auch viele Menschen um mich herum sagten, dass sie keine Lust mehr hätten, ihre Terminkalender wieder so vollzuhauen wie früher.
Und dann begann ein vorsichtiges Vorantasten:
- Wie fühle ich mich mit den vielen Möglichkeiten, die sich nun wieder auftun?
- Wie viele Treffen und Feiern kann ich in eine Woche packen?
- Wie viele Gesangstermine möchte ich haben? Will ich immer noch jede Gelegenheit mitmachen?
- Will ich wieder auf Veranstaltungen gehen oder mir weiterhin Auszeiten gönnen?
- etc. etc.
Ach, es war und ist gar nicht so einfach. Doch ich mache jetzt weniger, weil ich mir wichtiger geworden bin. Die Zeit mit mir selbst ist so wertvoll geworden und ich habe gemerkt, wie wohltuend das ist.
Nicht zuletzt fordert es auch gerade mein Körper von mir; ansonsten reagiert er empfindlich auf jegliches Zuviel.
Aber es geht nicht nur um das zeitliche Zuviel.
Es geht auch darum, wie viele Ansprüche ich eigentlich an das Leben aufrecht erhalten möchte.
Meine Erfahrung der letzten Jahre ist geworden, dass es extrem wenig braucht, um glücklich zu sein:
- ausreichenden Lebensunterhalt (Es ist weniger nötig als man oft denkt.)
- genügend Schlaf
- regelmäßige Zeit in der Natur
- nährendes Essen (möglichst naturbelassen)
- Sinnhaftigkeit im Leben (eine Aufgabe, die ich finde, die ich mir selbst gebe oder zu der ich mich von Gott gerufen fühle)
- ein paar liebe Freunde
That’s it! Alles andere sind Zugaben oder meine Ansprüche, was das Leben mir schuldig sei. Ich mache mir unnötigen Stress, wenn ich ständig so vielen Zielen hinterherjage. Und damit bin ich beim nächsten Punkt:
Für welche Ziele lohnt es sich einzusetzen?
Mir ist in letzter Zeit immer klarer geworden, wie leicht ich mich doch immer wieder von außen beeinflussen ließ, was erstrebenswert sei.
Auch wenn ich meine ureigenen Ziele kenne, passiert es so leicht, ins Zweifeln zu kommen, wenn ich viel lese und mich mit anderen Lebensweisen beschäftige.
Ich möchte betonen: Es ist unglaublich interessant sich damit zu beschäftigen, wie andere denken und leben. Das inspiriert ungemein! Doch zu viel Beschäftigung damit (da reicht schon tägliches Durchscrollen auf Facebook oder Instagram) bringt mich weg von mir.
Klassisches Hochglanzpräsentieren stört mich mehr und mehr.
Ich habe keine Lust mehr, erfolgreiche Menschen zu sehen und zu meinen, ihnen nacheifern zu müssen. Ich muss gar nichts! Ich darf leben, wie ich möchte und wie es mir entspricht. Ich darf mir meine ganz eigenen Ziele setzen, die für andere auch todlangweilig sein dürfen oder die nur mich begeistern! Denn:
Bin ich ich selbst, komme ich immer mehr in meine eigene Kraft!
Und dann öffnen sich die passenden Wege und Dinge kommen auf mich zu, die zu mir gehören. Ich muss nichts erzwingen, sondern folge einfach meinem Herzen.
Meine Erfahrung ist, dass das Leben dadurch immer einfacher wird. Was nicht zu mir gehört, fällt weg. Was zu mir gehört, bleibt oder findet zu mir.
Das Leben wird zu dem, was es schon immer werden wollte.
Letzten Sonntag sang ich im 12-köpfigen Vokalensemble „graduale vocal“, dem ich kürzlich beitreten durfte, ein musikalisches Abendlob in der Offenburger Klosterkirche auf eine Weise mit, wie ich es noch nie zuvor konnte. Die letzten zwei Jahre vertieftes Lernen, Üben und Singen als Kantorin haben mich so weiter gebracht!
Das erste Konzert vor Publikum seit Corona! Hui, das war erst mal echt aufregend! Doch dann einfach nur noch wunderschön. 🙂
Ich fühle mich angekommen.
Manchmal könnte ich einfach weinen vor Dankbarkeit über mein Leben. Selbst Krankheit wird zum Wegweiser, wo das Leben mich weiter hinführen möchte. Wirklich alles kann zum Geschenk werden.
Die Herausforderungen nehmen nicht ab; ganz im Gegenteil. Doch meine Kraft wird auch immer stärker. Wie Pippi Langstrumpf sagte, als Tommy und Annika meinten „Der Sturm wird immer stärker.“, denn Pippi antwortete: „Das macht nichts. Ich auch!“
Wir werden immer stärker, wenn wir uns selbst folgen und uns treu bleiben. Alles andere macht keinen Sinn.
Herzlichst,
deine Helga
30. Mai 2022 um 15:38
Liebe Helga,
wie immer hast Du ganz liebevoll den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich kann auch immer weniger mit dem, wie Du es schön formuliert hast „Hochglanzpräsentieren“, anfangen bzw. beschäftigen. Jeder darf sein, wie er ist.
Danke
30. Mai 2022 um 22:07
Danke, liebe Maria.
Ja, jeder darf und soll sein, wie er ist. Ist das nicht wunderbar!? 🙂
Herzlichst