In jenen Zeiten der Verunsicherung, als niemand wusste, wie es weiter gehen würde mit der Welt, gab es eine Sache, die ihr halt gab:
Jeden Morgen nach dem Aufstehen öffnete sie das Fenster, atmete die frische Luft ein und verband sich mit der Erde.
Sie sah in den Garten hinaus, wandte ihre Handflächen nach unten und sprach:
Geliebte Mutter Erde. Du trägst uns und nährst uns und dafür danke ich dir aus ganzem Herzen.
Dann streckte sie ihre Arme nach oben, wandte Gesicht und Handflächen zum Himmel und sagte:
Vater Himmel. Du hältst uns und nährst uns. Und du kommst hier auf die Erde. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Sie führte ihre Arme nach unten, als wolle sie den Himmel auf seinem Weg zur Erde begleiten. Und dann nahm sie erstmals wahr, wie dieser Himmel in die Erde drang. Er floss einfach in die Erde hinein und vermischte sich in all ihren Zellen mit ihr.
Das Ergebnis war, dass jeder Halm, jeder Zweig, jeder Vogel und sogar die Luft nun in einer neuen Klarheit und Kraft leuchteten. – Oh, das fühlte sich schön an!
Sie musste deshalb fortan jeden Morgen an ihrem Fenster lächeln, wenn sie dieser Verbindung zusah. Also, das war wieder etwas wirklich Neues! So gab es ja gar keine wirkliche Trennung mehr zwischen Himmel und Erde, Oben und Unten, Geist und Materie.
Wenn es sich vermischte, dann wurde ja alles nun irgendwie anders!
Sie war so neugierig, was das bedeuten konnte und beschloss, weiterhin jeden Morgen aufmerksam zu sein, ob es etwas Neues zu entdecken gab.
(c) Helga Fischer
Ältere Geschichten der Wandlung findest du hier:
Gott (vom 18.07.2020)
Die Erde (vom 10.07.2020)