Es ist manchmal ein schmaler Grat zwischen Aktivsein und lohnenswerte Ziele zu verfolgen oder vor sich selbst wegzurennen.
Ich habe schon beide dieser Aktions-Extreme gelebt und habe zwar keine Antwort, welche die Sache ganz eindeutig in „richtig“ und „falsch“ einteilen könnte, aber finde es zunehmend wichtig, bewusst damit umzugehen.
Ich habe in meiner Jugend Jahre damit verbracht, nicht zu bemerken, was ich wirklich möchte und welche Menschen mir gut tun würden.
Dazu zu gehören, Aufregendes zu erleben und Partys zu feiern war wichtiger. Das ist in dem Alter vielleicht auch normal. Oder ich glaubte, es sei normal. Gut ging es mir damit nicht.
Später habe ich dann zutiefst mit mir selbst verbunden ein Maximum an Arbeit geleistet, was mich jahrelang sehr erfüllt hat.
Doch ohne es zu bemerken, ist es gekippt in Vernachlässigung von immer mehr Dingen, die meinem Körper oder meiner Seele gut getan hätten. Weil das Arbeiten immer wichtiger wurde. Weil ich Opfer dafür brachte.
Und natürlich schrie ein Teil in mir bedürftig, doch ich wollte es nicht hören!
Und genau da begann die Flucht in noch mehr Aktivismus, ins Feiern, ins Essen, in verrückt hoch gesteckte Ziele, im Verlieren in der aufregenden Welt des Internets.
Das Stopp-Schild
Gott sei Dank ist unser Körper so ein Wunder und weiß genau, was gut für uns ist. Also knallte er mir das Stoppschild immer wieder in den braußenden Fluss meines rasanten Lebens.
Und irgendwann kam ich nicht mehr drum herum:
Was war das für ein ungutes, unruhiges Gefühl, so handlungsunfähig krank zuhause zu liegen oder schlaflose Nächte zu verbringen!
Und jedes Mal wurde es mir deutlicher, dass die Unruhe daher kam, dass ich nun zu 100 % mit mir selbst konfrontiert war und das ja bisher vermieden hatte.
Denn der Schrei in mir wurde nun unüberhörbar laut. Und mir wurde so klar, was ich mir in all der vergangenen Zeit angetan hatte, dass ich in Tränen ausbrach.
Wegrennen vor dir selbst hat viele Facetten
Vor sich selbst wegzulaufen ist nicht nur das Offensichtliche: Sich abzulenken mit Internet, Arbeiten, Essen, Shoppen etc.
Vor dir selbst läufst du auch dann weg, wenn du glaubst, etwas Besonderes tun zu müssen, um bedeutend zu sein.
Dahinter steckt ein tiefes Gefühl des Unwerts: Wer bin ich schon, wenn ich einfach nur lebe, ohne cooles Outfit, ohne einen tollen Job, ohne überall mitzumischen?
Vor sich selbst weglaufen äußert sich auch gerne in der Suche nach sich selbst.
Wenn du alle möglichen Bücher liest oder Veranstaltungen besuchst, um dich selbst und dein Leben zu verbessern. Dies kann hilfreich sein, aber diese Suche muss enden, denn wenn du im Such-Status bleibst, kannst du nicht ankommen.
Und warum glaubst du, nach etwas suchen zu müssen? Doch nur, weil du glaubst, es würde etwas an dir fehlen oder unvollständig sein. – Für mich war diese Haltung schon so zur Normalität geworden, dass ich sie gar nicht mehr hinterfragt habe. Und ich glaube, es ist für viele Menschen so, weil genau so Konsum funktioniert:
Bringe Menschen dazu zu glauben, dass sie etwas brauchen und sie werden das Geld dafür ausgeben.
Vor sich selbst wegzurennen, kann auch bedeuten, sich großartigen Zielen zu verschreiben, die dich beständig fordern, weil du dich dann auch großartig fühlst. Dahinter steckt wieder ein Mangelgefühl.
Doch genau hier sehe ich aber auch in aller Diskrepanz wieder den Segen, den das für andere haben kann, wenn dein Tun andere bereichert:
Nicht selten habe große Menschen Wichtiges für die Gesellschaft geleistet, doch dabei ihr Wohlergehen vernachlässigt und endeten dann tragisch!
Wer will hier aber sagen, was richtig oder falsch war?
Selbst wenn sie es aus dem Grund getan haben, sich selbst bedeutender zu fühlen, ist ihr Tun für Andere doch wichtig oder vielleicht sogar bahnbrechend gewesen.
Ankommen
Es gibt nichts Köstlicheres, als ganz bei dir selbst anzukommen. Dich selbst zu spüren und das Gefühl zu haben, dass du wertvoll und gut bist – einfach so!
Du musst weder etwas Besonderes leisten noch besonders sein. Kein Mensch verlangt das von dir, höchstens du selbst. Und dann auch nur, weil du im Grunde glaubst, minderwertig zu sein.
Du bist ein Kind Gottes wie wir alle – geliebt und perfekt.
Lass dir von niemandem etwas Anderes einreden! 🙂
Tu die Dinge immer aus der Freude heraus!
Wenn du sie tust, weil du dir davon versprichst, dann glücklich zu werden, prüfe, ob nicht ein Mangelgefühl dahinter steckt.
Halte deshalb die richtige Reihenfolge ein:
- 1. Bei dir selbst ankommen und dein Herz dem Leben und der inneren Fülle öffnen.
- 2. Aus dieser Freude heraus tätig sein und geben.
Herzlichst
Deine Helga