Neulich habe ich in einem Buch gelesen, es gäbe zwei Arten, Weisheit im Leben zu erlangen:
1. Wissen zu sammeln, nachzudenken, zu beobachten und zu verstehen.
2. Sich mitten ins Leben hinein zu begeben und durch Erfahrung weiser zu werden.
Seitdem lässt mich das nicht mehr los, denn es ermutigt mich jeden Tag.
Früher war ich ein Mensch, der sich eher dem ersten Weg verschrieben hatte. Was las ich nicht für Unmengen an Büchern! Besuchte Seminare und Vorträge, philosophierte und schrieb (naja, davon ist immer noch Einiges übrig 😉 ).
Doch irgendwann realisierte ich, dass Wissen noch keine Erfahrung ist. Dass das „Üben“ im Seminar noch lange nicht garantierte, dass ich in der Kampfarena des Alltags dasselbe auch durchführen konnte.
Da klaffte also eine große Lücke zwischen meiner geistigen Welt und der Alltagsrealität. Und das fühlte sich nicht gut an.
Vor ein paar Jahren störte mich diese Kluft zunehmend und ich ärgerte mich darüber, dass ich mit jedem Bein in einer anderen Welt stand. Also fragte ich mich, ob es nicht möglich sein müsste, beide Welten miteinander zu verbinden:
Das erlangte Wissen mitten hinein zu tragen in den Alltag des Jobs, der Familie, des Haushalts, der vielen Aufgaben und meines Befindens.
Und dieser Entschluss war das Entscheidende! Denn ich stellte fest, dass es ging!
- Das Wissen und Vertrauen in den rechten Augenblick zeigte sich auch im Job, wenn in der Unmöglichkeit, mit knapper Zeit alle Aufgaben zu bewältigen, sich doch die Tage irgendwie so gestalteten, dass die Woche wieder einen guten Abschluss fand.
- Das Üben der Achtsamkeit im Bürostress brachte eine innere Ruhe mit sich, mit der ich immer den Überblick behalten konnte.
- Das bewusste Sammeln von schönen Momenten zeigte mir, dass jeder Tag und das ganze Leben aus „unschönen“ und „schönen“ Dingen besteht, die sich immer abwechseln.
- Verluste und Trennungen tun wahnsinnig weh, doch Schönes ist wiederum so schön geworden, dass ich einfach heulen muss.
- Sich zu engagieren ist eine erfüllende Lebenshaltung geworden und kein weiteres Muss.
- Im Feiern mit lieben Menschen vergesse ich die Welt und habe unglaublichen Spaß.
- Trotz knapper Zeit widme ich mich meinen Herzensangelegenheiten und singe, soviel ich kann! 🙂
- Die Endlichkeit meines Lebens ist mir so bewusst wie nie zuvor und hilft mir, erst recht aus vollen Zügen zu leben.
Und so zeigten sich mir noch viele weitere positive Dinge im Alltag, die diesen bereicherten.
Die Aufgaben und Probleme werden nicht weniger, doch das Leben ganz intensiv zu leben, macht es zu einem großen Abenteuer! Die Probleme sind letztlich geniale Herausforderungen, und jede einzelne bringt dich weiter (sagt sich hinterher so leicht, ich weiß).
Es ist vielleicht krass, aber ich sage mir oft:
Tot sein kann ich noch lange genug! Aber dieses kurze, kostbare, verrückt schöne Leben habe ich nur jetzt! Und ich will es ganz auskosten, um am Ende meiner Tage sagen zu können, dass ich ganz viel Freude und ganz viel Schmerz erfahren habe und ein reiches Leben hatte.
Diese Haltung bringt immer mehr Tiefe mit sich. Und das fühlt sich einfach gut an.
Alles Liebe
wünscht Dir
Helga